Die Gründe für Littering sind komplex und teilweise nur allzu menschlich. Gleichzeitig tritt Littering in bestimmten Situationen und an bestimmten Orten verstärkt auf. Littering ist vielschichtig und lässt sich daher nur mit einem Mix an Maßnahmen lösen. Die unterschiedlichen soziologischen Erklärungsmodelle für Littering sind Grundlage für unterschiedliche Lösungsansätze. 

Es gibt unterschiedliche Erklärungsmodelle für Littering. Bei einigen steht das Individuum im Vordergrund, andere sehen Littering als gemeinschaftlichen Akt, der in bestimmten sozialen Situationen begünstigt wird. Ein umfangreiches Handbuch zu Littering aus der Schweiz stellt schon 2008 fest: „Littering ist kein Minderheitenproblem, sondern wird von der gesamten Gesellschaft verursacht. Unter normalen Alltagsbedingungen haben weder Alter noch Geschlecht einen entscheidenden Einfluss auf das Litteringverhalten. Es besteht lediglich eine leichte Tendenz, dass Personen zwischen 15 und 25 Jahren etwas häufiger littern als andere Altersgruppen. Es konnte auch gezeigt werden, dass Littering bei Jugendlichen besonders häufig in Gruppen auftritt, während Personen über 25 eher individuell littern.“ Dies deutet darauf hin, dass unterschiedliche Erklärungsmodelle auf unterschiedliche Personen- und Altersgruppen zutreffen.

Individualistisches Erklärungsmodell: Littering-Typen 

Dem Motiv und Kontext entsprechend unterscheidet die Interessensgemeinschaft Saubere Umwelt (IGSU30) laut einer Studie des Umweltbundesamtes von 2020 drei Gruppen von Littering-Typen:

  • Nicht-Litterer
    • Der:Die Vorsichtige – fühlt sich beobachtet, will nicht ertappt werden
    • Der:Die Umweltbewusste – wirft aus Überzeugung nichts weg
  • Gelegenheits-Litterer
    • Der:Die Coole – lässt sich nichts vorschreiben
    • Der:Die Anti-Streber:in – möchte sich nicht lächerlich machen
    • Der:Die Unbekümmerte – denkt sich nichts dabei
    • Der:Die Smart-Dropper:in – findet überall ein Plätzchen für Abfall
    • Der:Die Stress-Dropper:in – keine Zeit, um Abfall korrekt zu entsorgen
  • Schwere Litterer
    • Der:Die Hardcore Litterer – sieht Littering als Teil des Happenings/Spaß
    • Der:Die Zweckmäßige – der Abfall wird sowieso von der Putztruppe entsorgt/kein Bedarf für korrekte Abfallentsorgung
    • Der:Die Job-Vermittler:in – findet, dass Littering für Arbeitsplätze sorgt

Außerdem zeigten Interviews mit 400 Personen, die Müll achtlos und unsachgemäß entsorgten, dass nicht Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren diejenige Altersgruppe bilden, die am stärksten littert, sondern junge Erwachsene zwischen 21 und 30 Jahren. Zigarettenstummel und Take-away-Verpackungen waren dabei die am häufigsten gelitterten Abfälle.

Individualistisches Erklärungsmodell: Einfluss von Werten auf unser Handeln 

Ob jemand unbewusst oder achtlos Abfall liegen lässt, wird manchmal mit persönlichen Werthaltungen (z. B. sozial, umweltbewusst, cool) in Beziehung gebracht. Dazu wenden die Schweizer Autor:innen des „Handbuch Littering“ folgendes ein: „Werte können nur dann ein Verhalten beeinflussen, wenn sie entweder sehr präsent sind, oder genügend Zeit besteht, über das Verhalten nachzudenken. Bei Littering sind diese Voraussetzungen oft nicht gegeben. Einerseits geschieht Littering sehr spontan. Es ist nicht geplant (…). Andererseits sind Werte gegen Littering im Alltag nicht sehr präsent (…) Ob gelittert wird, hängt deshalb bei vielen Menschen nicht von deren Werthaltung gegenüber Littering ab. Littering wird in der persönlichen Lebenswelt dieser Verursacher in den entsprechenden Situationen nicht beachtet oder als entscheidend gewertet. Ob der Abfall auf dem Boden landet, entscheiden vielmehr situative Umstände (Tageszeit, Anonymität, Erreichbarkeit von Kübeln) und das soziale Umfeld.“ Diese Autor:innen bevorzugen also situativ-soziale Erklärungen wie die folgende.

Situativ-soziale Erklärungsmodelle: Gruppendruck, räumliche Rahmenbedingungen, Broken-window-effect und Tragödie des Allgemeinguts

Gerade bei Jugendlichen könne Littering aufgrund von Gruppendruck passieren: „Bei Jugendlichen, deren Werte nicht nur durch Eigenschaften wie ‚sozial’ oder ‚umweltbewusst’ geprägt sind (…), sondern auch durch Eigenschaften wie ‚cool’, ‚unabhängig’, ‚chaotisch’ oder ‚lässig’, kann dies rasch zu Littering führen. Denn wenn einzelne (besonders ‚coole’ und ‚lässige’) Mitglieder der Gruppe zu littern beginnen, kann es rasch passieren, dass sich die anderen anschließen. Das kann soweit gehen, dass ein Gruppendruck entsteht.“ Der Konsum von Alkohol setze die Hemmschwelle für Littering zusätzlich herab, weshalb es an bestimmten Plätzen nahe Bars oder bei Tankstellen, wo Tag und Nacht Alkohol eingekauft werden kann, gerade an den Wochenenden zu verstärktem Littering kommen könne.

Es sind aber nicht ausschließlich Jugendliche oder junge Erwachsene, die littern. Bestimmte räumliche Rahmenbedingungen fördern negatives Littering-Verhalten. „Eine übersichtliche Raumgestaltung ist Voraussetzung für die Wahrnehmung anderer Menschen. Sie beeinflusst die soziale Kontrolle und das Empfinden, nicht alleine zu sein. Ästhetik, Ambiente, Grünanteil und Materialqualität beeinflussen den Bezug zum öffentlichen Raum und somit die Werthaltung, die ihm entgegen gebracht wird. Verschmutzungen und Verwahrlosungserscheinungen senken die Werthaltung gegenüber öffentlichen Räumen und die Hemmschwelle gegen Littering“ (Broken-window-effect).

Der Broken-window-effect ist eine soziologische Theorie, deren Ursprung bis in die USA der 1930er Jahre zurückreicht. In Untersuchungen zu Bandenbildung und Kriminalität in Großstädten wie Chicago wurde festgestellt, dass Gegenden, die bereits durch eingeschlagene Fenster verwahrlost wirkten, rasch zu bevorzugten Treffpunkten von Banden wurden und Kriminalität förmlich anzogen. In den 1980er Jahren war der Broken-window-effect dann Grundlage für die polizeiliche Null-Toleranz-Politik in den USA und u. a. deswegen durchaus umstritten. Umgelegt auf Litter bedeutet der Effekt, bereits wenig Litter zieht rasch weiteren Litter an. Dies dürfte aber nur in bestimmten Fällen zutreffen, denn „Dinge, die einen Wert haben, werden nicht zurückgelassen und Orte, zu denen eine persönliche Verbindung besteht, werden weniger verschmutzt.“

Bei Littering zeigt sich auch die sogenannte Tragödie des Allgemeinguts (auch: Allmendeproblematik; im Englischen tragedy of the commons genannt). Plakativ gesagt hat das Liegenlassen des eigenen Abfalls für den Einzelnen nur Vorteile – das lästige Zusammensammeln oder Herumtragen fällt weg und man begegnet dem zurückgelassenen Abfall nicht mehr, weil man den Standort verlässt. Die Nachteile hingegen trägt die Gesellschaft, die sich über die Verschmutzung ärgert und die erhöhten Reinigungskosten zu tragen hat. Der Schaden wird auf die Allgemeinheit abgewälzt. Wer seine Abfälle hingegen korrekt entsorgt, verliert, denn er trägt dafür den Aufwand, ohne dass dies eine spürbare Auswirkung auf die allgemeine Litteringsituation hat. Der öffentliche Effekt des eigenen korrekten Verhaltens ist zu geringfügig und bleibt unsichtbar.“

Zum Weiterlesen

Was wird bereits gegen Littering unternommen?
Was können wir alle gegen Littering tun?
Littering in Österreich
Handbuch Littering: Eine Praxishilfe zur Entwicklung von Maßnahmen gegen Littering


Quellen

BMK (2022): Littering - why (not)? Didaktische Materialien zu bewusstem Konsum und gegen Littering. Wien: Eigenverlag.