Der Flächenwidmungsplan legt die räumliche Entwicklung der jeweiligen Gemeinde für die nächsten Jahre fest. Jedoch sehen Flächenwidmungsplan und tatsächliche Realisierung oft anders aus. 

In Flächenwidmungsplänen wird für alle Grundstücke eines Gemeindegebietes festgelegt, wie diese Grundstücke genutzt werden können (Bauland, Verkehrsfläche, Grünland etc.). Der Flächenwidmungsplan wird von der Gemeinde – in der Regel vom Gemeinderat oder Gemeindevorstand – per Verordnung erlassen und legt damit die räumliche Entwicklung der jeweiligen Gemeinde für die nächsten Jahre fest. Die Umsetzung der Widmungsvorgaben bleibt in der Regel den Grundstückseigentümer:innen vorbehalten. Es bestehen also keine Realisierungspflichten seitens der Eigentümer:innen, sondern es werden planungsrechtliche Möglichkeiten geschaffen. Diese lang praktizierte „Angebotsplanung“ hat zu dem Problem geführt, dass sehr viel Bauland gewidmet, aber bis dato nicht bebaut wurde. In Österreich wurden von der gewidmeten Baulandfläche (ohne Straßen) im Ausmaß von 3.111 km² bislang insgesamt 685 km² nicht bebaut (Stand 2020). Der Anteil des gewidmeten, nicht bebauten Baulandes am gesamten österreichischen Bauland beträgt im Durchschnit 22 % und fungiert als sogenannte „Baulandreserve“. Die Gründe dafür sind vielfältig. Anleger:innen kaufen diese Baugründe häufig als Investitionsgüter (für sich selbst oder die Nachkommen), als Spekulationsobjekte oder als finanzielle Absicherung beziehungsweise veräußern sie nicht. Die Wertsteigerung einer als Bauland gewidmeten Fläche nach 20 oder 30 Jahren ist zumeist groß.

Darüber hinaus hat eine Gemeinde oftmals ein Interesse an einer Umwidmung. Denn diese hat Auswirkungen auf den jährlichen Anteil des Budgets, den sie vom Bund erhält. Dabei gilt: Je kleiner die Gemeinde und je weniger Einwohner:innen und Arbeitsplätze, umso weniger Geld bekommt sie. Umwidmungen in Bauland werden deshalb häufig als Stellschraube für mehr Einnahmen betrachtet. Deshalb entsteht zwischen benachbarten Gemeinden häufig Konkurrenz um einen Unternehmensstandort statt einer Nutzung von Synergieeffekten im Sinne des Bodenschutzes. Umgekehrt gibt es aber aktuell keine finanziellen Anreize für die Gemeinden, Baulandwidmungen rückgängig zu machen.

Was ist das Baulandparadoxon?

Derzeit gibt es in Österreich Baulandreserven, die es ermöglichen würden, weitere Jahrzehnte wie bisher zu bauen. Da Baulandreserven, die sich insbesondere in zentralen Lagen befinden, häufig nicht genutzt werden können, widmen die Gemeinden an den Siedlungsaußenrändern weitere Flächen von Grünland in Bauland um. Damit können sie Siedlungs- oder Betriebsflächen zur Verfügung stellen und neue Einnahmen lukrieren. Das Paradoxon besteht darin, dass genügend Bauland gewidmet ist, aber trotzdem weitere Flächen in Bauland umgewidmet werden. Dadurch sterben in vielen Gemeinden die Ortskerne aus (siehe Donut-Effekt), die Zersiedelung nimmt zu und Kosten für Infrastruktur steigen. Das schadet langfristig auch der ansässigen Bevölkerung, weil Nahversorger schließen, Ärzt:innen abwandern und Gasthäuser zusperren müssen.

Was sind Brachflächen?

Brachflächen sind gewerblich oder industriell vorgenutzte Grundstücke, Flächen und Objekte bzw. Objektteile, welche derzeit zur Gänze oder teilweise nicht oder nicht entsprechend dem Standortpotenzial genutzt werden. Leer stehende Wohnungen fallen nach diesem Verständnis nicht unter den Brachflächenbegriff. (Auch in der Landwirtschaft spricht man von Brachflächen. Das sind Böden, die insbesondere zur Förderung der Biodiversität aktuell nicht für die landwirtschaftliche Produktion genutzt werden. Diese landwirtschaftlichen Brachflächen sind hier jedoch nicht gemeint.) Die letzte Studie dazu wurde vom Umweltbundesamt im Jahr 2004 erstellt und kommt zu dem Schluss, dass es sehr viele derartiger Flächen (zwischen 8.000 und 13.000 ha) gibt. Diese Größe entspricht in etwa der Fläche der Stadt Linz.

Was sind Leerstände?

Es gibt keine einheitliche Definition von Leerstand. Die hier angeführte Definition stammt aus der Studie „Leerstand mit Aussicht“ der TU Wien 2022: Leerstand betrifft bebaute und unbebaute Immobilien, die nicht, unzureichend oder falsch genutzt werden. Sie besitzen das Potenzial, neu, mehr oder besser genutzt zu werden und damit einen Mehrwert für den Ortskern und die Eigentümer:innen zu generieren und das Umfeld aufzuwerten. Die Gründe für leer stehende Häuser oder Wohnungen sind unterschiedlich: fehlendes Interesse der Eigentümer:innen an einer Vermietung, fehlende Nachfrage, z. B. durch Abwanderung aus ländlichen Regionen, oder die schlechte Lage der Immobilien. Ein großes Problem ist jedoch auch die starke Nutzung von Immobilien als Spekulationsobjekte. Dabei werden Wohnungen oder Häuser angekauft und ungenutzt stehen gelassen, um sie zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend zu verkaufen. Anstatt Leerstände im Ortskern zu nutzen, wird häufig in Randlagen aufgrund der Nachfrage neu gebaut.

Zum Weiterlesen

Die Zukunft unseres Bodens
Welche Probleme verursacht die Flächeninanspruchnahme in Österreich?
(1) Was kann gegen die Flächeninanspruchnahme unternommen werden?
WWF: Bodenverbrauch in Österreich. WWF-Bodenreport


Quellen

Forum Umweltbildung (2022): Die Zukunft unseres Bodens. Boden schützen und nachhaltig nützen. Wien: Eigenverlag.