Die Zukunft unseres Bodens ist zwar noch offen, gewisse Trends bzw. Megatrends (wie die Klimakrise) können jedoch schon jetzt beobachtet werden und lassen auf zukünftige Entwicklungen schließen.

Megatrends sind Trends, die weltweit erkennbar sind, sich auf alle Lebensbereiche auswirken und über mehrere Jahrzehnte wirken. Eine Auseinandersetzung mit diesen Megatrends kann die große Frage, wie wir die Lebensgrundlage Boden für die Zukunft erhalten können, leichter erfassbar machen. Dabei ist zu beachten, dass einzelne Trends nicht per se gut oder schlecht sind, sondern sowohl positive als auch negative Effekte auf die Bodennutzung haben können, selbst in derselben Region.

Klimakrise

Die Klimakrise betrifft den Alpenraum, und damit das österreichische Bundesgebiet, besonders. „Österreich trägt als Industrienation pro Kopf unverhältnismäßig stark zur Klimakrise bei, ist jedoch auch besonders stark betroffen. Einerseits erwärmt es sich als Binnenland stärker als der globale Durchschnitt, andererseits ist es als Alpenland deutlich schadensanfälliger und verwundbarer.“ Dies führt auch zu einer Veränderung der Regenmenge. Vor allem im Osten des Landes ist eine zunehmende Trockenheit bereits zu beobachten. Laut einer Studie der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) könnte sich im Marchfeld die Ernte durch zunehmende Hitzetage und Trockenheit sogar um bis zu 50 % verringern. Als Konsequenz prognostiziert die AGES eine deutliche Unterversorgung durch unsere Landwirtschaft bei bedeutenden Kulturarten wie Getreide und Erdäpfeln.

Digitalisierung

Die Digitalisierung wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus: 2020 hatten 11 % der österreichischen Haushalte keinerlei Breitbandanschluss und 51 % feste und mobile Breitbandverbindungen. Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur (u. a. mit Glasfasertechnologie) wird in manchen Gegenden forciert, was jedoch neue regionale Unterschiede erzeugen kann.

Durch die stärkere Digitalisierung findet mehr Arbeit in bestimmten Dienstleistungsbranchen im Homeoffice statt; Büros werden anders genutzt als früher. „Gleichzeitig bieten Gegentrends wie die neue Wertschätzung von Handarbeit, persönlichen Dienstleistungen oder ‚Live‘-Erlebnissen neue Chancen für die Regionalentwicklung. Dienstleistungen kehren zum Teil in Stadt- und Ortszentren zurück.“ Durch den zunehmenden Onlinehandel könnte es zu noch mehr betrieblichen Leerständen in Orts- und Stadtzentren kommen. Damit ist die Erhaltung der Bausubstanz gefährdet. Es wird sich weisen, ob die vielen in den letzten Jahren errichteten Einkaufszentren in Randgebieten noch genutzt werden. Die Digitalisierung kann zu Betriebsschließungen führen, aber auch Chancen für neue Betriebe eröffnen. Ein flächensparendes Management für Betriebsstandorte ist die Herausforderung.

Energiebedarf

Aufgrund von Wohlstand und erhöhter Digitalisierung steigt der Energiebedarf in Österreich weiter, was gleichzeitig die Erreichung der globalen und nationalen Klimaziele erschwert. „Für die Raumentwicklung bedeutet die Umstellung auf erneuerbare Energieträger außerordentliche Herausforderungen, weil zusätzliche Flächen für die Energieproduktion benötigt werden. Gleichzeitig entstehen damit aber auch große wirtschaftliche Chancen vor allem für ländliche Regionen.“ Der steigende Anteil erneuerbarer Energieträger hat Auswirkungen auf das Landschaftsbild und auf Ökosysteme und führt zu häufigeren Interessenskonflikten, auch mit der ansässigen Bevölkerung.

Multilokalität

Ein Trend, der durch Covid-19 und die Digitalisierung jetzt schon sichtbar ist, wird sich in Zukunft voraussichtlich fortsetzen: Personen, Haushalte und Unternehmen werden immer flexibler, mobiler und stehen stärker miteinander in Verbindung. Die Multilokalität, also das Leben an mehreren Orten, nimmt zu. An touristisch attraktiven Orten werden mehr Zweitwohnsitze geschaffen, u. a., weil sich Wohnen und Arbeiten besser vereinbaren lassen. Dafür werden in der Regel mehr Flächen für Wohnen, Arbeiten und Freizeit benötigt. Außerdem birgt es einerseits die Gefahr der Zersiedelung, andererseits steigen dadurch die Preise von Grund und Boden teilweise so stark, dass die ortsansässige Bevölkerung sich das Wohnen in ihrer Gemeinde nicht mehr leisten kann. Durch multilokal Lebende kann jedoch auch leer stehenden oder untergenutzten Flächen in Orts- und Stadtkernen wieder Leben eingehaucht werden.

Demografischer Wandel

Österreich erlebt einen demografischen Wandel. Sowohl die Zahl an älteren Menschen als auch die Zahl an Kindern und Jugendlichen nimmt zu, u. a. aufgrund von Zuwanderung Außerdem zeichnet sich ein Bevölkerungswachstum v. a. in Städten ab: „Bis 2050 wird erwartet, dass die österreichische Bevölkerung in Städten mit mehr als 50.000 Einwohner: innen um 20 % zunehmen wird.“ Das bedeutet hohen Handlungsdruck für Städte und Stadtregionen, besonders in den Bereichen Wohnbau, klimaverträgliche Mobilität sowie Schaffung von Freiräumen. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter ab und in einigen ländlichen Regionen kommt es zu einem Bevölkerungsschwund. Individualisierungstendenzen beeinflussen, wo und mit wem wir wohnen wollen und wie sich das im Lauf des Lebens ändert. Die Vielfalt an Haushalts-, Familien- und Lebensformen nimmt zu. Die Bildung von Wohngemeinschaften und das Wohnen mehrerer Generationen unter einem Dach werden in größeren Kreisen beliebt.

Mobilität

Arbeitsplätze sollen künftig besser mit dem öffentlichen Verkehr und dem Rad erreichbar sein. Wenn Mobilitätsangebote auf gemeinsamen digitalen Plattformen gebündelt werden, erhöht das die Wahlmöglichkeiten der Verkehrsteilnehmer:innen. Dadurch kann auf teure Infrastrukturinvestitionen für wenige Frequenzspitzen im Verkehr verzichtet werden. Automatisiertes Fahren kann mit gravierenden Konsequenzen für die Raumnutzung und den Verkehr verbunden sein. Vorbeugend müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Tourismus & Freizeit

Für die österreichische Wirtschaft ist der Tourismus wesentlich. Die Herausforderung ist, einen flächendeckenden nachhaltigen und klimaneutralen Tourismus zu entwickeln, der gut in regionale Wertschöpfungsketten eingebettet ist. Die Nachfrage nach Standorten für Freizeitaktivitäten, Gesundheits-, Wellness- und Erholungsangebote wächst – und damit der Druck zu Neuerschließungen und weiterer Flächeninanspruchnahme. An besonders attraktiven Orten kommt es zu „Overtourism“ mit zahlreichen negativen Effekten wie Verkehrsbelastung, Lärm oder Verdrängung der ansässigen Bevölkerung.

Auch die Ansprüche an Freizeitangebote steigen. Unterschiedliche Zielgruppen wünschen sich inszenierte Erlebnisse (z. B. Klettergärten, Pumptracks, Bogenschießparcours). Nutzungskonflikte zwischen Freizeit/ Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz, Land- und Forstwirtschaft sowie Jagdwirtschaft werden sich verstärken. Die Menschen haben immer stärker das Bedürfnis, miteinander verbunden zu sein. (Diese Verbundenheit kann auch digitaler Natur sein und wird dann „Konnektivität“ genannt.) Neben klassischen Vereinen entstehen neue Formen sozialen Engagements und sozialer Zusammenschlüsse.

 

Aktuelle Megatrends zeigen sich schon heute in unserer Natur- und Kulturlandschaft und wurden, wo möglich, im Lehrplakat Wie viel Boden brauchen wir? angedeutet.

Zum Weiterlesen

Die Zukunft unseres Bodens
AGES: Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Österreich


Quellen

Forum Umweltbildung (2022): Die Zukunft unseres Bodens. Boden schützen und nachhaltig nützen. Wien: Eigenverlag.