Eine „Sprechmühle“ ist eine ganzheitliche Methode zur themenbezogenen Selbstdarstellung in Gruppen. Sie ist gut geeignet, einander fremde Personen in sachbezogene Zweiergespräche vorzustellen und zu verwickeln. Sie funktioniert aber auch gut in Gruppen, die sich schon lange kennen. Die Übung trägt zum Aufbau eines konstruktiven Lern- und Arbeitsklimas bei. Dies setzt jedoch voraus, dass die inhaltlichen Fragen zielbezogen ausgewählt wurden und dass die Übung mit viel Einfühlungsvermögen für die Teilnehmer:innen inszeniert wird.

Die Stärke dieser Methode ist zugleich ihre Schwäche: Nur jeweils zwei Menschen erfahren voneinander, welche Einstellung sie zu der vorgegebenen Frage haben. Dies schafft Sicherheit durch die relative Intimität der Gesprächssituation, macht es aber auch schwieriger, in der nachfolgenden Unterrichts- bzw. Seminarphase an die Ergebnisse dieser Zweiergespräche anknüpfen.

Ziele der Sprechmühle

  • Die Übung dient der Sensibilisierung gegenüber dem durch die Fragen der Spielleiter:in definierten Thema.
  • Die Übung kann genutzt werden um Vorkenntnisse und Einstellungen der Teilnehmer:innen wachzurufen.
  • Die Methode ist nicht dafür geeignet, neues Wissen zu vermitteln.
  • Die Übung ermöglicht es den Teilnehmer:innen, im Schutz des Zweiergesprächs „auf Probe“ zu argumentieren, ohne dass sofort die gesamte Gruppe zuhört. Dies hat Vorteile, aber auch den Nachteil, dass die Spielleitung und die anderen Mitglieder der Gesamtgruppe nicht wissen, was gesprochen wurde.
  • Die Übung kann genutzt werden um heikle, ja tabuisierte Themen doch noch diskutierbar zu machen, weil jede:r Teilnehmer:in im Schutze der Zweierbeziehung entscheiden kann, ob und wieweit sie auch zu sehr persönlichen Aspekten der Frage Stellung nimmt. Bei heiklen Themen kann es sinnvoll sein, dass die Spielleitung vor Beginn der Übung alle Teilnehmer:innen bittet, die Vertraulichkeit der Zweiergespräche zu wahren.

Ablauf der Sprechmühle

Erforderlich ist eine Spielleitung, die sich inhaltlich auf das Thema, für das ein Einstieg gesucht wird, vorbereitet hat. Hierfür werden geeignete Fragen zum Thema benötigt. An der Sprechmühle können 15 oder mehr Personen mitmachen. Die Übung bringt einen mehrfachen Wechsel von Musik- und Gesprächsphasen. Für die Musikphasen ist ein Gerät mit geeigneter (zielgruppengerechter) Musik erforderlich; die Musik kann aber auch life hergestellt werden. Für diese Methode benötigt man einen großen Raum.
Die Übung dauert 15 bis 25 Minuten plus Nachbesprechungszeit.

Nach der Begrüßung und der Klärung von Organisationsfragen kann die Sprechmühle folgendermaßen eröffnet werden:

  • Die Spielleitung fordert alle auf, sich auf einer freien Fläche z.B. dem Klassenraum zu versammeln und erläutert kurz die neue Methode.
  • Die Spielleitung spielt die ausgewählte Musik ab und fordert alle Teilnehmer:innen auf, gemächlich durch den Raum zu schlendern und sich langsam dem Rhythmus der Musik hinzugeben.
  • Nach vier oder fünf Minuten – wenn alle Teilnehmer:innen gut durcheinandergewirbelt sind – wird die Musik abgeschaltet und jede Person sucht sich eine Person, die sie noch am wenigsten kennt! Beide sind für die nächsten fünf Minuten Gesprächspartner*innen!
  • Die Spielleitung formuliert eine Frage, anhand derer die Zweiergruppe entscheiden kann, wer die:der zunächst drankommende Partner:in A und wer Partner:in B ist, z.B.: „Partner:in A ist derjenige:diejenige, der:die heute morgen früher aufgestanden ist.“
  • Die erste inhaltsbezogene Frage wird von der Spielleitung gestellt. Je nachdem, ob Partner:in A oder B beginnt, die Frage zu beantworten, ist der:die jeweilig andere Partner:in Zuhörer:in und sollte keine Zwischenrufe oder Rückfragen machen. Es sollten für drei Minuten Stille und Aufmerksamkeit herrschen. Meistens entsteht nun auf der Stelle ein Gemurmel im Raum. Die Lautstärke reguliert sich von selbst. Spätestens wenn das Gemurmel nachlässt (ca. nach 2-5 Minuten), ist es Zeit für den Tausch der Rollen.
  • Nach weiteren zwei bis drei Minuten stellt die Spielleitung die Musik wieder an. Die Gesprächspartner:innen verabschieden sich voneinander und alle gehen wieder in die Raummitte. Eine neue Sprechmühlenrunde mit neuen Fragen beginnt.

Je nach Thema, Zeit und Teilnehmer:inneninteresse empfiehlt es sich, drei bis vier Durchgänge zu machen. Wichtige bzw. offene Fragen können von den Teilnehmenden notiert werden und können in nachfolgenden Unterrichtsstunden in einem größeren Forum besprochen bzw. diskutiert werden.


Quellen

uol.de/f/1/inst/paedagogik/personen/hilbert.meyer/Sprechmuehle2 (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Sprechmühle)