
Mit dem SDG 10 soll nicht nur die Ungleichheit zwischen und innerhalb der Staaten verringert werden, sondern auch sichergestellt werden, dass niemand mehr – unabhängig von Alter, Geschlecht, körperlicher oder geistiger Behinderung, Ethnie, Herkunft, sexueller Orientierung, Religion oder wirtschaftlichem Status – diskriminiert wird. Diese Methode ermöglicht den Lernenden durch ein Rollenspiel, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und kennenzulernen. Dadurch werden sie für die Themen Diskriminierung, Ungleichheit und Ausgrenzung sensibilisiert.
In dieser Übung sollen sich die Lernenden in Rollen einfinden – dafür soll eine entspannte Atmosphäre geschaffen werden, z.B. mit leiser Hintergrundmusik. Jede:r bekommt verdeckt eine Rollenbeschreibung ausgeteilt. Die Lernenden haben nun Zeit, sich im Raum einen Platz zu suchen und sich in die Rolle hineinzuversetzen.
Dafür kann die Lehrperson folgende Fragen langsam und mit ausreichend Zeit dazwischen vorlesen:
- Wie war deine Kindheit? Wie hat dein Zuhause ausgesehen? Was hast du gespielt? Hatten deine Eltern viel Zeit für dich? Haben sie gearbeitet? Wenn ja, wo? Wenn nicht, warum nicht?
- Wie schaut dein Alltag jetzt aus? Mit welchen Menschen hast du Kontakt (Freund:innen, Nachbar:innen, Lehrer:innen, …)? Was machst du am Morgen, tagsüber, abends?
- Wie sind deine Lebensumstände? Wo wohnst du? Wo arbeitest du und wie viel Geld verdienst du im Monat (viel zu wenig, genug, mehr als genug?)
- Was hast du für Hobbys und was machst du in deiner Freizeit? Triffst du Freund:innen, hast du Zeit für deine Familie? Wie verbringst du deinen Urlaub, wenn du einen hast?
- Was bereitet dir Freude? Was macht dir Angst? Was ist dein größter Wunsch?
Möglicherweise gibt es Unsicherheiten seitens der Lernenden, weil sie meinen, zu wenig über ihre Rolle zu wissen. In dem Fall ermutigt sie die Lehrperson, dass es kein richtig oder falsch gibt, die Lernenden sollen sich ihrer Vorstellungskraft bedienen und versuchen bei der Übung im Sinne der Person zu agieren.
Für die eigentliche Übung stellen sich die Lernenden schweigend wie auf einer Startlinie nebeneinander auf. Danach erklärt die Lehrperson, dass sie nun eine Reihe von verschiedenen Situationen vorlesen wird. Die Lernenden überlegen für sich, ob die Situation auf sie zutrifft. Wenn dies der Fall ist und sie mit „Ja“ antworten können, gehen sie einen Schritt vorwärts. Ansonsten bleiben sie stehen und bewegen sich nicht.
Die Lehrperson beginnt zu lesen (siehe Situationsbeschreibungen zu „Gehen in anderen Schuhen“), wobei sie nach jeder Aussage eine Pause macht, damit die Lernenden Zeit haben vorwärts zu gehen (oder eben nicht) und sich nach den Positionen der anderen umzusehen.
Nachdem die Lehrperson alle Situationen vorgelesen hat, nehmen die Lernenden ihre Schlussposition zur Kenntnis – auch im Verhältnis zu den anderen. Eine Person nach der anderen soll nun zu erkennen geben, welche Rolle sie hatte und wie sie sich während der Übung gefühlt hat. Anschließend werden die Lernenden aufgefordert, sich kräftig durchzuschütteln, um ihre Rollen abzulegen.
Bei der Auswertung ist es wichtig, herauszuarbeiten, woher die Lernenden ihr Wissen über die Figuren, die sie verkörpern, haben. Entstammen die Rollenbilder persönlicher Erfahrung oder anderer Informationsquellen (Nachrichten, Zeitungen, Büchern …)? Sind die Lernenden sicher, dass ihre Informationen über und ihr Bild von den Figuren stimmen? Dadurch können die Funktionen von Klischees und Vorurteilen diskutiert werden.
- Was war das für ein Gefühl weitergehen zu können oder stehenzubleiben?
- Welches Gefühl hattest du jenen gegenüber, die am Ende vor/hinter dir standen?
- Wenn du eine:r von jenen warst, die oft vorwärts gehen durften: zu welchem Zeitpunkt hast du bemerkt, dass andere sich nicht so schnell oder kaum vorwärts bewegen konnten?
- Gab es Fragen, die bei dir eine besondere Reaktion ausgelöst haben? Welche und warum?
- Wie schwierig war es für dich, dich in die Rolle hineinzuversetzen? Warum?
- Woher hast du dein „Wissen“ über die Rolle? Wie sehr kannst du dich darauf verlassen?
- Kennst du Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen (in deiner Umwelt, aus den Medien …)?
- Denkst du, dass alle Rollen dieselben Chancen haben in unserer Gesellschaft? Warum (nicht)?
- Hattest du das Gefühl, dass es Momente gab, wo grundlegende Menschenrechte verletzt wurden (Recht auf Bildung, Recht auf Arbeit, Recht auf Gleichberechtigung, …)? Welche?
- Siehst du Parallelen zwischen dieser Übung und unserer derzeitigen Gesellschaft? Welche?
- Welche Gründe für Diskriminierungen fallen dir ein?
- Was könnten Schritte sein, um mehr Chancengleichheit in der Gesellschaft sicherzustellen?
- Was könnte dein Beitrag für mehr Chancengleichheit und gegen Diskriminierung sein?
Die Übung ist als Denkanstoß zu verstehen, kann ein neues Bewusstsein über Benachteiligung und Diskriminierung ermöglichen und bietet zudem zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterarbeit.
In Sachen Gleichheit, Gleichberechtigung und Inklusion muss noch viel getan werden. Einiges wurde aber bereits durchgesetzt und erkämpft. Männer und Frauen sind für ihre Rechte und die Rechte anderer auf die Straßen gegangen, haben Hungerstreiks und Gefängnisstrafen in Kauf genommen.
In der folgenden Aktivität geht es darum, diese Menschen vor den Vorhang zu holen. Menschen, die sich gewaltfrei für bessere Umstände stark gemacht haben und immer noch machen und solche, die dafür sorgen, dass jene, die kein Sprachrohr haben, nicht vergessen werden: Martin Luther King, Mahatma Gandhi, Harvey Milk, Berta von Suttner, Karoline von Perin, Malala Yousafzai usw.
Die Lernenden recherchieren, wer sie waren und was sie getan haben und gestalten eine Ausstellung, die „Galerie der guten Vorbilder in Sachen Gleichberechtigung und Zivilcourage“ mit Infotexten, Fotos, Zeittafeln, Collagen usw. Auf einer Pinnwand hängt ein Spiegel mit dem Bildtitel „Sei ein Vorbild – zeig, was du tun kannst“, darunter ein großes Blatt Papier. Hier notieren die Lernenden und die Ausstellungsbesucher:innen, wie sie sich selbst für mehr Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung einsetzen können.
- Website von Zentrum polis mit zahlreichen Materialien zu den Themen, wie Diskriminierung und Flucht und Asyl usw.
- Die Christoffel-Blindenmission (CBM) hat kostenlose Arbeitsblätter, Unterrichtsmaterialien und einen Film zum Thema Inklusion
- Die Bildungsstelle Baobab stellt Unterrichtsvorschläge zur Verfügung. Auf ihrem YouTubeChannel und der Website gibt es Kurzfilme und Materialien
Besondere Hinweise
Kompetenzorientierte Lernziele
Die Lernenden sind in der Lage, Empathie und Solidarität gegenüber Menschen zu entwickeln, die anders sind.
Die Lernenden sind für Diskriminierung und Ausgrenzung sensibilisiert.
Den Lernenden wird die ungleiche Chancenverteilung in der Gesellschaft bewusst.
Konnex zum Lehrplan
Erkennen, dass die Verteilung der Bevölkerung auf der Erde ungleichmäßig ist und dass es Gunst- und Ungunsträume gibt
Quellen
Forum Umweltbildung im Umweltdachverband (2017): Unsere Welt unsere Zukunft. Lehrmaterialien für Kinder und Jugendliche zu den UN-Weltzielen. Wien: Eigenverlag.
„Gehen in anderen Schuhen“ wurde leicht verändert entnommen von Kompass – Handbuch zur Menschenrechtsbildung für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit. Hrsg.: Europarat. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2005