Zum Leitbild der Nachhaltigkeit gehört die gleichberechtigte Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Soll der Lebensbereich Ernährung den Grundsätzen der Nachhaltigkeit gerecht werden, müssen auch die gesundheitlichen Faktoren einbezogen werden. Denn eine Kostform kann nur dann nachhaltig sein, wenn sie den Menschen einen hohen Grad an Gesundheit und Lebensqualität ermöglicht.

Ökologische Aspekte einer nachhaltigen Ernährung
Die Ernährung ist erheblich am Ausstoß klimabelastender Treibhausgase beteiligt, die für eine mögliche Erwärmung der Erdatmosphäre verantwortlich gemacht werden. Das Bedarfsfeld Ernährung ist für die Emission von 17,3 Gt CO2-Äquivalente verantwortlich, dies entspricht 35% des globalen Gesamtausstoßes an Treibhausgasen. Davon entstammen wiederum 29% der Herstellung pflanzlicher Lebensmittel und 57% der Produktion tierischer Lebensmittel. Vor allem Rindfleisch und Kuhmilch fallen hierbei ins Gewicht. Die verbleibenden 14% entfallen auf Agrarprodukte mit anderweiter Nutzung (non-food).
Ein wichtiges Kriterium für ökologische Verträglichkeit ist die Materiealintensität (kg Materialinput für Erzeugung und Verarbeitung pro kg Lebensmittel). Fleisch und Fleischerzeugnisse benötigen wegen der großen Futtermittelmengen mit 17 kg pro kg Endprodukt den größten Materialinput. Am günstigsten schneiden Obst und Gemüse sowie Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte ab – vorausgesetzt, sie werden nicht weit transportiert und stammen nicht aus Unterglaskulturen.

Ökonomische Aspekte einer nachhaltigen Ernährung
Unter ökonomischen Gesichtspunkten des Ernährungssystems sind insbesondere die Handelsverflechtungen und Verteilungsprozesse zwischen den Weltregionen von Bedeutung. Unsere Ernährung ist zu einem wesentlichen Teil auf Agrarimporten aus dem Globalen Süden angewiesen. Durch den Anbau von Exportprodukten – neben Futtermitteln sind das vor allem Kaffee, Kakao, Südfrüchte, Tee, Tabak, Baumwolle oder Blumen – entsteht in den Produktionsländern eine Flächenkonkurrenz gegenüber der Produktion von Nahrungsmitteln für die einheimische Bevölkerung. Für Exportprodukte werden die besten Böden und die meiste Arbeitszeit verwendet. Da die Betriebe abhängig sind von dem Gewinn, der mit Exportprodukten in der Regel erzielt werden kann, müssen sie die Produktion für den eigenen, heimischen Verbrauch vernachlässigen – sie produzieren damit kaum Überschüsse und können nicht genügend Vorräte anlegen. So kann sich letztlich durch den Anbau von Exportprodukten die Nahrungssicherheit verschlechtern.
Zu einem besonderen Problem entwickeln sich die Importe billiger Futtermittel. Sie tragen zur höheren Rentabilität der Intensivtierhaltung und damit auch zum überhöhten Fleischverzehr in westlichen Ländern, in den Ursprungsländern allerdings hat dies schwerwiegende Folgen. Ca. 33% der weltweiten agrarischen Nutzfläche wird für die Erzeugung von Futtermitteln verwendet, oftmals für die Viehwirtschaft im Globalen Norden. Hinsichtlich des Energieverbrauchs ist die Umwandlung pflanzlicher Futtermittel in tierische Produkte höchst ineffektiv: Bei direktem Verzehr der pflanzlichen Nahrungsquelle könnten 100 kcal gewonnen werden, wohingegen dieselbe Menge Futtermittel für nur 17-30 kcal aus tierischen Produkten benötigt wird. Durch die Importe der Futtermittel können Lebensmittel bei uns im Überschuss produziert werden. Der Verkauf, die Lagerung oder auch die Vernichtung der Nahrungsmittelüberschüsse in der EU als weltweit größtem Nahrungsmittelproduzenten wiederum können nur durch hohe Subventionen für Landwirtschaft und Exporte ermöglicht werden.

Soziale Aspekte einer nachhaltigen Ernährung

Die sozialen Zusammenhänge sind eng mit den ökonomischen und ökologischen Bedingungen verknüpft. Durch die voranschreitende Globalisierung werden im Globalen Süden große Mengen an Gütern produziert, um diese in den Globalen Norden zu exportieren. Die Produktion erfolgt dabei teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen, auch sind viele Kinder davon betroffen. Zudem werden dafür zum Teil auch Lebensräumen zerstört und der Regenwald für Viehweiden oder Ackerbau gerodet. Die Ernährungsgrundlage der heimischen Bevölkerung wird vernichtet, indem riesige Flächen von großen Investoren und Agrarunternehmen aufgekauft werden, z.B. für den Anbau von Futtermitteln (Landgrabbing).

Gesundheitliche Aspekte einer nachhaltigen Ernährung

Die Ernährung ist einer der exogenen Faktoren, die die Entstehung von Krankheiten mitbedingen, was vor allem in Industriestaaten weit verbreitet ist, da sich deren Ernährungsgewohnheiten im Großen und Ganzen als „zu viel, zu fett, zu süß und zu salzig“ beschreiben lassen. Insgesamt werden zu viele tierische Lebensmittel – insbesondere Fleisch und Wurstwaren – und zu viele stark verarbeitete Produkte verzehrt.
Aktuell verspeist die österreichische Bevölkerung im Durchschnitt fast drei Mal mehr Fleisch pro Woche als die Maximalempfehlung zulässt (1240 g statt maximal 300 – 450 g). Fleisch enthält zwar viel hochwertiges Eiweiß, aber auch viel Energie, Fett, Cholesterin und Purine. Verarbeitete Fleischware weist zusätzlich einen sehr hohen Salzgehalt auf. Der wissenschaftliche Konsens dazu ist eindeutig: Ein reduzierter Konsum tierischer Produkte und mehr pflanzliche Lebensmittel bringen eine Vielzahl gesundheitsfördernder Aspekte mit sich, so z.B. ein vermindertes Risiko für diverse Erkrankungen (z.B. Übergewicht, Diabetes Mellitus Typ 2 und kardiovaskuläre Krankheiten).
Durch die starke Verarbeitung von Lebensmitteln gehen oft wertvolle Inhaltsstoffe verloren und gleichzeitig wird die Energie konzentriert. Empfehlenswert ist die Auswahl von Lebensmittel mit geringer Energiedichte und hoher Nährstoffdichte. In der Regel handelt es sich dabei um nicht bzw. gering verarbeitete pflanzliche Lebensmittel, durch deren Konsum eine Steigerung der Aufnahme an komplexen Kohlenhydraten und eine verbesserte Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen erreicht werden könnte. Die Anforderungen an eine ausgewogene Ernährung ergänzen bzw. bestärken die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte einer nachhaltigen Ernährung und bilden so eine Einheit.

Zum Weiterlesen

DGE: Nachhaltige Ernährung.
„FAIRTRADE“ – Großes tun mit einem kleinen Zeichen.
Ein zukunftsfähiger Ernährungsstil.


Quellen

Aktion Agrar. Globaler Handel und Welternährung. https://www.aktion-agrar.de/welternaehrung/ (Zugriff: 11.10.2021).

Global 2000. Land im Futtertrog. https://www.global2000.at/land-im-futtertrog (Zugriff: 11.10.2021).

Koerber, Karl (2014). Fünf Dimensionen der Nachhaltigen Ernährung und weiterentwickelte Grundsätze – Ein Update. Ernährung im Fokus (09-10). https://cms2016.aoel.org/wp-content/uploads/2016/10/aid_eif_Nachhaltige_Ernaehrung_Koerber_09-2014__Lit.pdf

Vegane Gesellschaft Österreich (14.09.2021). Neue Studie: Tierliche Lebensmittel noch klimaschädlicher als bisher angenommen. https://www.vegan.at/neue-klimastudie (Zugriff: 01.10.2021).

Schlieper, Cornelia (2019). Grundfragen der Ernährung. 23., überarbeitete Auflage. Hamburg: Büchner.